Redewendungen in der Bibel
Das A und O: Zehn Redensarten mit biblischem Ursprung
Biblische Zitate, die wir - häufig unbewusst - im Alltag nutzen.
Publiziert am 20.06.2021 um 12:00 Uhr – Lesezeit:
Bonn ‐ Wer die Bibel kennt, hat sein Haus auf einen soliden Grund gebaut. In unserem täglichen Leben verwenden wir immer wieder geflügelte Worte, deren Ursprung in der Heiligen Schrift zu finden ist. Katholisch.de erläutert die Bedeutung von zehn bekannten Sprichwörtern und Redewendungen aus dem Buch der Bücher.
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1. Das A und O sein
Wenn es um den wichtigsten Aspekt und den Kern einer Angelegenheit geht, spricht man oft vom "A und O" - dem Anfang und dem Ende. Allerdings endet unser Alphabet nicht mit dem Buchstaben O, sondern mit dem Buchstaben Z. Werden hier einfach elf Buchstaben ausgelassen? Nicht unbedingt, denn es geht nicht um das lateinische Alphabet, sondern um das griechische Alphabet. Dessen erster Buchstabe ist Alpha, also das A, und der letzte Buchstabe ist Omega, also O. Zur Zeit Jesu, vor circa 2.000 Jahren, war Griechisch im Mittelmeerraum die vorherrschende Weltsprache und für viele Menschen die erste Fremdsprache. Kaufleute, Seeleute und Gelehrte verständigten sich auf Griechisch, und auch die Texte der ersten christlichen Gemeinden wurden in griechischer Sprache verfasst. Daher kommt es, dass das A und O, das Alpha und Omega, auch Einzug in die Bibel gehalten hat: Für Christen ist Christus der Kern des Glaubens, also das A und O.
"Siehe, ich komme bald und mein Lohn ist mit mir, um einem jeden zu vergelten, wie sein Werk ist. Ich bin das Alpha und das Omega, der Erste und der Letzte, der Anfang und das Ende." (Off 22,12-13)
2. Danach kräht kein Hahn
Ob es sich um ein kleines Missgeschick bei der Arbeit oder eine schlechte Note in der Schule handelt: "Danach kräht kein Hahn", könnte man sagen, um zu verdeutlichen, dass das Geschehene ohnehin bald in Vergessenheit gerät. Diese Redewendung ist bereits seit dem 15. Jahrhundert bekannt und hat ihren Ursprung im Neuen Testament. Petrus leugnet seine Verbindung zu Jesus - was dieser bereits vorhergesagt hatte: Bevor der Hahn kräht, werde Petrus ihn dreimal verleugnen. Dass Petrus Jesus verleugnet, ist selbstverständlich eine Angelegenheit von großer Bedeutung. Diese Erzählung findet sich in allen vier Evangelien (Mk 14,30-37; Mt 26,34-35; Lk 22,33-34; Joh 13,37-38). Die Redensart, die daraus entstanden ist, kehrt den Sachverhalt jedoch um: Wenn wir uns nicht für jemanden oder etwas interessieren, dann kräht eben auch kein Hahn mehr danach.
"Petrus entgegnete ihm: Auch wenn alle an dir Anstoß nehmen - ich niemals! Jesus sagte zu ihm: Wahrlich, ich sage dir: In dieser Nacht, noch ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen." (Mt 26,34-35)
3. Wer anderen eine Grube gräbt, fällt selbst hinein
Wer nach Sprichwörtern oder Redewendungen in der Bibel sucht, wird diese wahrscheinlich oft in der jüdischen Weisheitsliteratur finden, die in das Alte Testament aufgenommen wurde. Dort finden sich philosophische Überlegungen, Lieder, belehrende Geschichten und vor allem Spruchsammlungen. Diese beinhalten Lebensweisheiten aus einem Zeitraum von mehreren Jahrhunderten - die teilweise auch heute noch Anwendung finden. So auch diese Weisheit. Denn schon die Verfasser der Bibel wussten: Etwas Schlechtes, das man anderen antun möchte, kann sich schnell gegen einen selbst wenden. Dieser Sinnspruch findet sich ebenfalls mehrfach in der Bibel (Sir 27,26; Koh 10,8; Spr 26,27).
"Wer eine Grube aushöhlt, fällt hinein, und wer einen Fallstrick legt, wird darin gefangen." (Sir 27,26)
4. Perlen vor die Säue werfen
Wenn jemand ein Geschenk oder einfach eine freundliche Geste nicht angemessen zu würdigen weiß, führt dies schnell zu Frustration. "Das ist ja, wie Perlen vor die Säue zu werfen", könnte man dann sagen. Denn genau wie die andere Person meine guten Absichten nicht erkennt, wissen auch die Schweine den Wert von Perlen nicht zu schätzen. Sie fressen sie, vergraben sie im Schmutz oder treten darauf, ohne zu bemerken, dass es sich eigentlich um etwas Wertvolles handelt. Die Redewendung "Perlen vor die Säue werfen" stammt aus der Bergpredigt Jesu - und hier wird er deutlich: Die heilige Lehre soll nicht denen dargelegt werden, die sie missbrauchen könnten.
"Gebt das Heilige nicht den Hunden, und werft eure Perlen nicht vor die Schweine, damit sie diese nicht etwa mit ihren Füßen zertreten und sich umwenden und euch zerreißen." (Mt 7,6)
5. Auf Sand gebaut haben
Auch diese Redewendung stammt aus der Bergpredigt Jesu, genauer gesagt von deren Ende: Mit eindrucksvollen, bildhaften Worten möchte Jesus seine Lehren untermauern und ihre Bedeutung anschaulich machen. Er erzählt dazu das Gleichnis von zwei Bauherren: Der eine errichtet sein Haus auf einem Felsen, der andere auf Sand. Das Fundament auf Sand hält dem nächsten Unwetter nicht stand, und das Haus stürzt ein. Wer aber als gläubiger Mensch lebt, dem geht es so wie dem Mann, der sein Haus auf Felsen gebaut hat. Noch heute verwenden wir die Redewendung "auf Sand gebaut haben", um zu verdeutlichen, dass jemand auf etwas vertraut hat, das unsicher und fragwürdig ist und daher scheitern wird.
"Und jeder, der diese meine Worte hört und sie nicht befolgt, ist wie ein unvernünftiger Mann, der sein Haus auf Sand baute." (Mt 7,26)
6. Hochmut kommt vor dem Fall
Wer sich für den Größten, Besten und Klügsten hält, überschätzt sich fast immer selbst. Diese Arroganz und Selbstüberschätzung führen schnell zum Misserfolg. "Übermut kommt vor dem Fall", denken sich dann viele. Schon die Bibel kennt überhebliche Zeitgenossen. Allerdings meint sie Menschen, die sich für wichtiger halten als Gott. Heutzutage bezieht sich das Sprichwort eher auf die eigenen Mitmenschen - deren Scheitern dann oft Häme bei denen auslöst, über die sich der Übermütige erhebt.
"Stolz kommt vor dem Zusammenbruch / und ein hochmütiger Geist vor dem Straucheln." (Spr 16,18)
7. Wer's glaubt, wird selig
Wenn man heutzutage den Spruch "Wer's glaubt, wird selig" hört, ist das in der Regel ironisch gemeint. Die abenteuerlichen Geschichten, die der Onkel auf der Familienfeier erzählt, glaubten nur einfältige Menschen, wird damit ausgedrückt. "Wer's nicht glaubt, kommt auch in den Himmel", heißt es im Volksmund oft ergänzend. Hier wird deutlicher, dass die Redewendung eigentlich eine andere, nicht ironische Bedeutung hatte. In der Bibel, aus der auch dieses Sprichwort stammt, fordert Jesus alle Menschen auf, an ihn und seine Auferstehung zu glauben. Nach seiner Kreuzigung erschien er zunächst Maria aus Magdala und anschließend zwei Jüngern. Alle drei berichteten, was sie gesehen und erlebt hatten - doch es wurde ihnen nicht geglaubt, dass Jesus von den Toten auferstanden ist. Der Unterschied zwischen dem Bibelzitat und der Redewendung liegt im kleinen "s": wer "es" glaubt und für wahr hält. Der Glaube, wie Jesus ihn versteht, ist aber mehr, als etwas für wahr zu halten. Er hat mit Vertrauen zu tun.
"Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubt, der wird verdammt werden." (Mk 16,16)
8. Tohuwabohu
Eltern von kleineren Kindern, die einen Blick in das Zimmer ihrer Kinder werfen, kennen dieses Wort sicherlich: "Hier herrscht aber ein großes Tohuwabohu", sagen sie, wenn sie die Unordnung aus Spielsachen, Malsachen, Wäsche und Geschirr sehen. Was viele nicht wissen: Diese Redewendung stammt aus der Bibel und steht gleich im zweiten Satz - allerdings nur im Original auf Hebräisch. Die Einheitsübersetzung übersetzt den Begriff "Tohuwabohu" mit "leer und wüst". Die Schöpfungsgeschichte der Bibel schildert, wie Gott aus diesem Durcheinander eine geordnete Welt erschafft. Wer heutzutage von Tohuwabohu spricht, hat die Hoffnung auf Ordnung folglich womöglich noch nicht aufgegeben.
"Und die Erde war wüst und leer, und Finsternis lag auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte über dem Wasser." (Gen 1,2)
9. Sein Licht nicht unter den Scheffel stellen
Diese Redensart wird oft als Ermutigung verwendet, auf seine eigenen Fähigkeiten zu bauen und sie auch zu präsentieren: "Stell dein Licht nicht unter den Scheffel!" Aber was ist überhaupt ein Scheffel? Es handelt sich dabei um ein Holzgefäß, mit dem früher Getreide abgemessen und befördert wurde. Wenn man nun eine Lampe unter den Scheffel platziert, ist von dem Licht nichts mehr wahrzunehmen. Die Redewendung stammt aus einem bildhaften Gleichnis aus der Bergpredigt. Jesus wollte seine Zuhörer dazu anregen, auch seine Botschaft weiterzugeben und sie nicht "unter dem Scheffel" zu verbergen - sondern sie auf den Leuchter zu stellen, damit sie von allen wahrgenommen werden kann.
"Man zündet auch nicht eine Lampe an und setzt sie unter einen Scheffel, sondern auf den Leuchter; so leuchtet sie allen, die im Hause sind." (Mt 5,15)
10. Die Letzten werden die Ersten sein
Wer im sportlichen Wettstreit unterlegen war, hat diese Weisheit vielleicht schon einmal vernommen: "Die Letzten werden die Ersten sein." Tatsächlich stammt auch diese aufmunternde Redewendung aus der Bibel - und findet sich in unterschiedlicher Form an mehreren Stellen in den Evangelien: als Antwort Jesu auf die Frage von Petrus nach der Belohnung für die Nachfolge (Mt 19,29-30), im Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg (Mt 20,1-16), bei der Behandlung der Frage der Entlohnung im Markusevangelium (Mk 10,28-32) und im Zusammenhang mit der Frage, ob viele Menschen gerettet werden oder nur wenige Zugang zum Reich Gottes finden (Lk 13,22-30). Jesus weist darin immer auf die Umkehrung der Verhältnisse im Reich Gottes hin. Auch wenn das Sprichwort heutzutage oft ironisch eingesetzt wird, können wir darauf vertrauen, dass bei Gott eine andere Reihenfolge gilt.
"So werden die Letzten Erste und die Ersten Letzte sein." (Mt 20,16)
Von Christoph Br&xFC;wer